Trittsicherheit, Schwindelfreiheit, Mut und die Bereitschaft Grenzen zu überwinden – das braucht es für eine Alpenüberquerung und die nötige Motivation und sicherlich auch Kraft.

Für mich stand bereits im September 2017 fest, dass ich die Alpenüberquerung machen wollte. Durch ein zufälliges Gespräch habe ich auch direkt Mitstreiterinnen gefunden. Also hieß es Ende Juli 2018 dann: Auf geht’s!

Alpenüberquerung (Foto: Sabina Schneider)

Wenn aus Hektik innere Ruhe wird

Die zwei Wochen davor war allerdings alles anderes als entspannend. Auch, wenn ich in der Vergangenheit schön öfters viel gearbeitet habe, hatten es diese zwei Wochen ordentlich in sich. Am Dienstag vor der Alpenüberquerung (Start war ein Samstag) ging ich aus Erschöpfung bereits um halb 9 ins Bett – so fertig war ich.

Als ich dann am Münchner Hauptbahnhof auf meine Begleitung wartete, wurde ich auf einmal nervös: Was habe ich mir dabei gedacht? Was mache ich hier eigentlich? Das schaffe ich doch nie!

Mein Magen drehte sich und mir wurde direkt schlecht. Für den ein oder anderen möge das vielleicht übertrieben wirken. Leider bin ich aber ein sehr verkopfter Mensch und mache mir dementsprechend immer und überall über alles und jeden Gedanken. Außerdem habe ich in der Vergangenheit oft erlebt, dass man nicht an mich glaubt, so was bleibt im Kopf. Jetzt weiß ich, dass es viel mehr zählt, wenn man an sich selbst glaubt.

Alpenüberquerung (Foto: Sabina Schneider)

Letztlich waren alle Besorgnisse, wie so oft, umsonst. Durch meine beiden Partnerinnen fiel es mir leicht, die Gedanken über Bord zu werfen. Sie gaben mir sofort das Gefühl, dass ich alles schaffen kann und dass wir das gemeinsam durchziehen. Ab diesen Zeitpunkt war ich die Ruhe selbst.

Vom ersten anstrengenden Tag bis hin zu der längsten Tour, die ich jemals gegangen bin

Bis wir am nächsten Tag so richtig losstarten und zwar eine Strecke, die alle Einheimischen erstaunten. Tolle Voraussetzung. Ich machte mir wieder zigtausend Gedanken. Aber davon ließ ich mich nicht aufhalten. Nach einigen Stunden erreichten wir unsere erste Hütte. Ihr glaubt nicht, wie froh ich darüber war. Auch, wenn ich viel in den Bergen unterwegs war, ich habe vorher noch nie eine Mehrtagestour gemacht.

Am höchsten Punkt der Alpenüberquerung (Foto: Sabina Schneider)

Aber, wer es schafft, am dritten Tag die Schuhe anzuziehen und loszugehen, der schafft auch den Rest. Und so war es auch. Sogar unsere längste Tour an Tag 6 (9,5 Stunden) hat mir kaum mehr etwas ausgemacht. Noch nie zuvor war ich solange in den Bergen am Stück unterwegs. Ich war ein bisschen stolz darauf – ach, was soll die Bescheidenheit? Ich war mega gigantisch hyper-stolz auf mich.

Die stille Alpenüberquerung

Wieso war es eine stille Alpenüberquerung? Das hat eigentlich nur einen Grund. Abgesehen vom Anfang (wir waren auf dem München-Venedig-Weg unterwegs) waren wir so ziemlich die einzigen, die diese Alpenüberquerung von Wattens nach Sterzing machten. Während sich am bekannten E5 die Menschen die Hüttenplätze wegschnappen und in Massen die Alpen überqueren, mussten wir uns die Hütten nur mit wenigen teilen. Unterwegs trafen wir dann noch drei Wanderer, die zufällig die gleiche Strecke liefen. Mit ihnen haben wir dann die Abende verbracht und sehr viel gelacht. Noch heute sind wir in Kontakt.

Grenzen überwinden?

Ich hatte so sehr Angst, dass ich scheitern könnte und mich selbst enttäuschen könnte. Diese Bedenken, sei es bezüglich Kraft oder Ausdauer, waren unbegründet. Ich habe es geschafft, besser als ich es selbst erwartet habe. Wenn mir die Alpenüberquerung eines gelehrt hat: Dass ich mehr schaffen kann, als ich mir selbst zutraue.