Oft locken uns die Faszinationen unserer Welt so weit weg von Zuhause, dass uns die exotischen Perlen direkt vor unserer Haustür entgehen. Wer sagt denn, dass man unbedingt eine Strecke von mehreren tausend Kilometern im Flugzeug zurück legen muss, um tief in eine andere, fremde und zugleich faszinierende Kultur eintauchen zu können?

Eine spannende Möglichkeit für einen Wochenendtrip oder eine kleine Städtereise bietet beispielsweise Tschechiens Hauptstadt. Gotische Bauten, die eine fast schon mittelalterliche Kulisse schaffen; Restaurants, in denen Eisenbahnen die Getränke zum Tisch kutschieren oder zwei ganze Stockwerke voller Spaceships, Dinosauriern und Autorennbahnen – ein Ausflug nach Prag verspricht eine Menge Spaß für nur wenig Geld.

Abzocken statt Abfeiern

Wer kennt ihn nicht, den heldenhaften, knallgelben Ball, der sich ganz nach Kommando durch die Irrwege eines Labyrinths schlängelt, um dabei kleine, goldene Pünktchen zu verspeisen? Dicht auf den Fersen sind ihm gleich mehrere Geister in verschiedenen Farben. Pacman ist ein Paradebeispiel für die Automatenspiele, die in den 70ern ihre Blütezeit in den Arcade-Hallen weltweit hatten. Inzwischen haben Konsolen und der PC die Arcade-Automaten abgelöst. Unhošť, ein Vorort von Prag, lässt das Retro-Feeling aus den 70ern allerdings für einen kleinen Eintrittspreis noch einmal aufleben.

Dort findet sich nämlich die Arcadehry, in der alle Zocker und die, die es noch werden wollen, ganze 166 Arcade-Automaten finden. Hier können beispielsweise in der Jurassic Park – Kapsel Dinos gejagt, die Teenage Mutant Ninja Turtles beim Kampf gegen Shredder unterstützt oder die Hüften auf dem Dance Dance Revolution Extreme geschwungen werden. Die Arcadehry eignet sich sehr gut für einen Zwischenstopp, bevor Prag dann direkt angefahren wird. Mit dem einmaligen Zahlen des Eintritts können übrigens beliebig oft sämtliche Automaten bespielt werden.

Mittelalter-Flair und steinerne Eulen

In der Stadt selbst wird es dann architektonisch sehr ansprechend. Prag hat nämlich nicht ohne Grund den Beinamen „Goldene Stadt der hundert Türme“. Das Stadtbild ist gespickt mit zahlreichen gotischen und barocken Gebäuden, die auch heute immer noch wirken wie direkt dem Mittelalter entnommen. Ihre schroffen Dächer erinnern an die zerfallenen Zinnen von Burgen. Ihr Gemäuer schimmert aufgrund der Sandsteinbeschaffenheit im richtigen Licht tatsächlich ein wenig golden. Gerade dieses historische Ambiente macht Prags besonderen Flair aus. Denn mit ein wenig Fantasie könnte man sich bei einer Stadttour durchaus vorstellen, dass dort erst am Vortag noch historische Pferdekutschen über das Pflaster holperten.

Die Karlsbrücke zum Beispiel verbindet die Altstadt mit der Kleinseite und ist zugleich eine der ältesten Steinbrücken Europas. Berühmt ist sie vor allem für die zahlreichen Statuen der böhmischen Könige, die die Brücke säumen.

Neben der Karlsbrücke besitzt Tschechiens Hauptstadt ganze drei Kirchen, ein Kloster und einen Dom. Ein besonderer Eyecatcher ist die Teynkirche, die mit ihren zwei Türmen düster und eindrucksvoll den Stadtkern überragt. Der Sakralbau wurde bereits 1380 geschaffen und war die erste Kirche der damals noch jungen Stadt.

Nur wenige Meter daneben befindet sich die Prager Rathausuhr. Ihre schmucken Ziffernblätter sind weltweit bekannt, denn die Uhr stammt aus dem frühen 15. Jahrhundert und spielte damals eine große Rolle in der Astronomie.

Prag bietet noch viele weitere Sehenswürdigkeiten, deshalb wird bei begrenzter Zeit die Auswahl tatsächlich schwer. Einen Besuch lohnt auf jeden Fall noch der Veitsdom. Gar nicht unbedingt nur wegen seines beeindruckenden Interiors, sondern vor allem wegen den coolen Eulenstatuen an der Außenfassade. Es müssen ja auch nicht immer bedrohliche Wasserspeier sein, die auf dem Gemäuer sitzen, oder?

Kuckuck! Oder wohl eher: Schu-hu? Am Veitsdom spähen steinerne Eulen auf die Besucher hinab. (Foto: Marina Hochholzner)

Bier auf Schienen

Prag ist auch die perfekte Anlaufstelle für Fans des Ausgefallenen. So gibt es dort das Prague Fear House, das älteste Gruselhaus Zentraleuropas. Nichts für schwache Nerven ist die 20 minütige Tour durch die unterirdischen Horror-Räume. Besonders fies an der Sache: Die Monster- äh Statisten in den Räumen dürfen die Besucher anfassen. Da kann es schon mal passieren, dass das schwächste Glied der Besuchergruppe urplötzlich von einem Werwolf verschleppt wird oder ein Killerclown euch an die Gurgel geht. Und ja, im wahrsten Sinne des Wortes…

Eine etwas weniger nervenaufreibende Alternative, seinen Nachmittag zu verbringen, ist das Výtopna Railway Restaurant direkt im Herzen Prags. Hier schlagen nicht nur die Herzen der Modelleisenbahnfans höher: Auf 900 Metern Schienen werden hier die Getränke von den elektronischen Lokomotiven direkt an den Tisch gekarrt. Keine dumme Geschäftsidee eigentlich, denn so bestellt man automatisch einige Getränke mehr als geplant – alleine schon deshalb, um die coolen Züge herumfahren zu sehen. Und preislich ist es auch okay!

Noch ein letzter Tipp für all diejenigen, die mehr als einen Tag in Tschechiens Hauptstadt verbringen wollen: Empfehlenswert ist es, sich eine Unterkunft etwas abseits vom Stadtkern zu suchen. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind nämlich spottbillig und bringen euch schnell ins Zentrum zur Action. Lokale und Bars sind am Stadtrand auch viel günstiger. Die tschechische Küche ist übrigens definitiv einen Versuch wert. Wer nicht unbedingt auf Gulasch und böhmische Knödel steht, könnte sich ja stattdessen an Tatar oder Prager Schinken versuchen?

Egal ob für ein kurzes Wochenende oder als längerfristiger Städtetrip – Prag ist definitiv einen Besuch wert. Dank der Vielseitigkeit der Stadt lohnt der sich auch. Und wenn man nur für ein paar Stunden an den Pac-Man-Automaten will.